Beobachtung von Weltraumwetter am Bundesamt für Kartographie und Geodäsie


Die Launen der Sonne
Vortrag über Weltraumwetter

Als der Hobbyastronom Richard Carrington am 31. August 1859 Sonnenflecken beobachtete und ein kurzes Aufblitzen sah, ahnte er nicht, dass einen Tag später merkwürdige Dinge geschehen würden: Insbesondere in Europa und Nordamerika gab es Überspannungen und Funkenüberschläge an Telegrafenstationen, von denen manche gar in Brand gerieten. Er stellte einen Zusammenhang her und dokumentierte damit die Ursache des stärksten bislang aufgezeichneten geomagnetischen Sturms, der die Erde erreichte. Über die Entstehung solcher Ereignisse und wie man sie messen oder gar vorhersagen kann berichtete am vergangenen Donnerstag Dr. Sebastian Mühlbauer bei seinem Vortrag über Weltraumwetter am Geodätischen Observatorium Wettzell.

Als Weltraumwetter werden Auswirkungen auf der Erde bezeichnet, die auf elektrisch geladene Partikel aus dem Weltraum, überwiegend Protonen und Elektronen, zurückzuführen sind. Die Hauptquelle ist die Sonne, die einen fortwährenden Partikelstrom -- den sogenannten Sonnenwind -- abgibt. Besonders starke Ausbrüche entstehen häufig im Bereich der Sonnenflecken, wo die magnetischen Feldlinien der Sonne überschlagen, ähnlich einem Lichtbogen bei einem elektrischen Kurzschluss. Ursache dieser besonders starken Sonnenaktivität, die einem Zyklus von 11 Jahren gehorcht, ist die unterschiedliche Rotationsgeschwindigkeit der Sonne zwischen dem Äquator und den Polen. Dadurch werden die Magnetfeldlinien gewissermaßen aufgewickelt, wodurch sie sich immer näher kommen und es schließlich zu Überschlägen kommt. Lösen sich solche Magnetfeldbögen, von der Sonne, können riesige Mengen elektromagnetischer Strahlung und geladener Teilchen in den Weltraum geschleudert werden.

Vor dem Partikelstrom ist die Erde durch ihr Magnetfeld gut geschützt, ein glücklicher Umstand, denn die hochenergetischen geladenen Teilchen können ähnlich wie UV-Strahlung Organismen schädigen. Die vom Magnetfeld abgelenkten Teilchen können an den Polen in die Erdatmosphäre eintreten, wo sie Polarlichter verursachen. Besonders starke Ausbrüche erzeugen aber nicht nur besonders schöne und weithin sichtbare Polarlichter, wie sie in diesem Jahr auch unserer Region zu beobachten waren. Die Wechselwirkungen mit dem Magnetfeld und der oberen Erdatmosphäre führen zu Störungen im Funkverkehr und der Satellitennavigation bis hin zu Schäden an Stromnetzen durch Überspannungen, wie Carrington sie beschrieben hat. Auch elektronische Bauteile können durch Weltraumwetter zerstört werden. Das betrifft vor allem Satelliten, die vor dem Partikelstrom weitaus weniger geschützt sind. Das ganze führt zu der Erkenntnis, dass ein Ereignis wie das von 1859 in unserer von Elektronik und Kommunikation abhängigen Welt erhebliche Auswirkungen haben würde.

Diese Gefahren aus dem Weltall werden beobachtet und entsprechende Lageberichte verfasst. Führend ist hierbei das amerikanische Space Weather Prediction Center, das auf eine Vielzahl terrestrischer und satellitengestützter Beobachtungen in einem breiten Frequenzbereich von Radiowellen bis hin zu kurzwelliger UV-Strahlung zurückgreift. In Deutschland ist das von der Bundeswehr und dem DLR gemeinsam betriebene Weltraumlagezentrum in Uedem für die Herausgabe von Weltraumwetterwarnungen zuständig. Das Observatorium in Wettzell steuert mit Messungen im Radiofrequenzbereich zwischen 1 und 6 Gigahertz sowie der Beobachtung des Erdmagnetfeldes und der für die Satellitennavigation und -kommunikation ausschlaggebenden oberen Erdatmosphäre wichtige Daten dazu bei. Neben seiner Hauptaufgabe, der Erdmessung, liefert das Observatorium damit einen Beitrag, um frühzeitig auf mögliche geomagnetische Stürme hinzuweisen, damit bspw. Maßnahmen zum Schutz sensibler Infrastruktur getroffen werden können. Denn während der Partikelstrom einige Stunden bis wenige Tage benötigt um die Erde zu erreichen, sieht man Ereignisse im Radiofrequenzbereich bereits nach 8 Minuten. Langfristig vorhersagen oder gar verhindern kann man solche Ausbrüche nicht.

 

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