Lasermessungen zum Mond und das Vermächtnis der Apollo Mission
Vor 55 Jahren betraten erstmals Menschen die Oberfläche des Mondes. Sie hinterließen nicht nur Fußabdrücke und die Flagge der Vereinigten Staaten, sondern auch wissenschaftliche Experimente.
Eines dieser Experimente im Rahmen der Apollo-11-Mission war ein Laserreflektor, der es bis heute ermöglicht, die Distanz zum Mond mithilfe von Lasern zu messen. Über die Geschichte und
Hintergründe des „Lunar Laser Ranging“ referierte am Donnerstag, den 17. Oktober, Prof. Ulrich Schreiber im Sitzungssaal des Geodätischen Observatoriums Wettzell.
Das Rennen um den Weltraum war nicht nur ein wissenschaftlicher Wettstreit zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion, sondern hatte auch eine erhebliche militärische Komponente. Vor diesem
Hintergrund stellte die Mondlandung der Amerikaner eine Provokation gegenüber der Sowjetunion dar. Daher war es der NASA von Anfang an wichtig, den zivilen, wissenschaftlichen Charakter der
Apollo-Mission zu betonen, indem bereits beim ersten Mondbesuch wissenschaftliche Experimente durchgeführt wurden. Die Astronauten des Apollo-Programms wurden jedoch vor allem aufgrund ihrer
Erfahrung als Piloten ausgewählt, nicht wegen ihrer wissenschaftlichen Expertise. Die Experimente mussten robust und ohne tiefere Kenntnisse einfach durchführbar sein. Eines dieser Experimente
war der Aufbau eines Laser-Retroreflektors an einem geeigneten Ort in der Nähe des Landeplatzes. Diese Reflektoren funktionieren ähnlich wie die an Autos oder Fahrrädern und werfen einfallendes
Licht in die Richtung zurück, aus der es stammt. Im Laufe der Jahre wurden weitere Reflektoren bei Mondmissionen installiert. Seit auch der sowjetische Mond-Rover Lunochod I, der in den 1970er
Jahren verschollen ging, 2010 einige Kilometer vom vermuteten Ort auf einer Satellitenaufnahme wieder entdeckt wurde, stehen nun insgesamt fünf Messpunkte zur Verfügung.
Doch warum sollte man mit einem Laser auf den Mond zielen? Der Hauptnutzen besteht darin, die genaue Entfernung des Mondes zur Erde zu messen. Im Vakuum hat Licht immer die gleiche
Geschwindigkeit von etwa 300.000 Kilometern pro Sekunde. Misst man die Zeit, die ein Laserpuls benötigt, um von der Erde zum Mond und zurück zu gelangen, kennt man die Weglänge. Dies war die
Lösung für ein grundlegendes Problem der Raumfahrt: die Position von Objekten im All zu bestimmen, was für die Navigation unerlässlich ist.
Zunächst wurden Satelliten mithilfe fotografischer Kameras detektiert. Diese Methode lieferte eine relativ gute Positionsbestimmung mit einer Genauigkeit von etwa zehn Metern, aber das von den
Satelliten reflektierte Sonnenlicht war oft zu schwach, um sie auf Bildern zu erkennen. Man kam zu dem Schluss, dass man die Objekte mit einer Art „Blitzlicht“ anstrahlen müsste. Doch zu Beginn
der Raumfahrt in den 1950er Jahren gab es keinen solchen Suchscheinwerfer. Erst die Erfindung des Rubinlasers 1960 stellte den erhofften technologischen Fortschritt dar, der für diese Aufgabe
ideal war. Gleichzeitig ermöglichten der Wettlauf um die Vorherrschaft im Weltraum zwischen den USA und der Sowjetunion, das sogenannte „Space Race“, die Bereitstellung erheblicher finanzieller
Mittel, um diese neuen Technologien schnell zur nötigen Reife zu bringen.
Mit modernen Lasern, die Pulse von nur wenigen Pikosekunden Dauer abgeben, kann die Distanz zum Mond mit einer Genauigkeit von wenigen Zentimetern gemessen werden. Allerdings ist die Messung
komplexer, als es auf den ersten Blick erscheint. Der Laserstrahl hat eine Strahlaufweitung, die beim Mond einen Bereich von über drei Kilometern beleuchtet. Auf der enormen Distanz von etwa
400.000 Kilometern müssen die Geräte extrem genau eingestellt werden, um den richtigen Punkt zu treffen. Zudem kehren von den hundert Billiarden Photonen eines Laserpulses im Durchschnitt weniger
als ein Photon zurück, und dieses wird nur mit einer Wahrscheinlichkeit von zehn Prozent detektiert. Daher sind viele Messungen erforderlich, um ein verlässliches Ergebnis zu erhalten.
Glücklicherweise gibt es neben Wettzell noch sieben andere Stationen weltweit, die ebenfalls die Entfernung zum Mond gemessen haben.
Durch regelmäßige Messungen kann die Bahn des Mondes genau bestimmt werden. Diese ist nicht kreisförmig, sondern elliptisch, und der Mond schwankt aufgrund des Einflusses der Sonne und anderer
Planeten in seiner Bahn, wie Prof. Schreiber anhand einer Zeitrafferaufnahme des Mondes über mehrere Monate demonstrierte. Auch auf die Erde selbst können Rückschlüsse gezogen werden: Indem man
die Veränderung der Distanz zwischen der Messstation und dem Mond über den Verlauf eines Tages beziehungsweise einer Nacht aufzeichnet, lässt sich beispielsweise die momentane
Rotationsgeschwindigkeit unseres Planeten exakt ermitteln.
Darüber hinaus hilft das Lunar Laser Ranging, einige der großen Rätsel der Physik zu lösen. Mit der exakten Bahnbestimmung des Mondes entsteht ein umfassendes Gravitationsexperiment, das das
gesamte Erde-Mond-System umfasst und zur Überprüfung von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie dient. So profitieren noch heute und in den kommenden Jahren Wissenschaft und Menschheit von
diesem scheinbar einfachen Experiment, das vor 55 Jahren von den ersten Menschen auf dem Mond initiiert wurde.